
Wenn in der Wäscherei die Sonne aufgeht
Bunte Kleider zu tragen, ist für Casimir «Casi» Geisser ein Ausdruck seiner positiven Lebenseinstellung. Umso glücklicher ist er, dass er im Viva Luzern Rosenberg seine Wäsche in guten Händen weiss.
Genau 60 Jahre liegen zwischen dem 88-jährigen Casimir «Casi» Geisser und der 28-jährigen Adriana Nunes. Er wohnt seit zwei Jahren im Viva Luzern Rosenberg, sie arbeitet dort seit drei Jahren in der Wäscherei. An den Tag, an dem sie sich kennengelernt haben, erinnern sich beide noch gut. «Mich hat es interessiert, wer sich hier so gewissenhaft um meine Wäsche kümmert», erzählt Casi Geisser. Also ist er eines Tages mit Schokolade spontan in die Wäscherei runtergegangen, um Danke zu sagen. «Plötzlich stand ein gelb gekleideter Mann zwischen all den Waschmaschinen», erinnert sich Adriana Nunes. Es war, als ob in der Wäscherei die Sonne aufgeht.

Hartes Leben, bunte Kleidung
Seine bunten Kleider täuschen darüber hinweg, dass Casi Geisser in seinem Leben nicht immer auf der Sonnenseite stand. Seine Mutter starb, als er wenige Monate alt war. Casi kam ins Kinderheim nach Ibach SZ, wo er eine schwierige Kindheit durchlebte.
Mit 14 Jahren wurde Casi aus der Schule genommen und als Verdingbub auf einen Bauernhof im Schwarzbubenland im Kanton Solothurn geschickt. «Ich schuftete und der Bauer verdiente das Geld», erinnert er sich. Mit 18 Jahren kehrte er dem Hof den Rücken. Harte körperliche Arbeit – Casi Geisser arbeitete unter anderem als Dachdecker, Holzfäller und Rangierer bei der SBB – bestimmte zwar weiter sein Leben, doch endlich war Casi sein eigener Herr. Er lernte seine Frau kennen und gründete eine Familie. Doch dann erkrankte seine Frau schwer, und Casi musste seine drei Kinder alleine aufziehen, was er mit viel Liebe tat.
Sich niemals unterkriegen lassen
Obwohl das Leben ihm harte Prüfungen stellte, wandte sich Casi mit Leidenschaft den schönen Dingen zu. Er brachte sich als Autodidakt das Kochen bei und spielte als talentierter Mundharmonikaspieler mit vielen Grössen der Schweizer Ländlermusik.
Mit der Zeit suchten gesundheitliche Probleme auch Casi heim. In einem einzigen Jahr erlitt er drei Herzinfarkte, die Lunge begann zu versagen, die Arterien verkalkten. Doch trotz der vielen Schicksalsschläge hat er sein sonniges Gemüt nie verloren. Sein spezieller Kleidungsstil ist Ausdruck dieser unversiegbaren Lebensfreude. Gelb ist seine Lieblingsfarbe. Gelbe Hosen, gelbes Hemd, ein gelb karierter Kittel: «Es hat mir immer gutgetan, mich mit meinem speziellen Stil zu kleiden. Es war meine Art, zu zeigen, dass ich mich vom Leben nicht unterkriegen lasse.»
Kleider mit Sorge behandeln
Adriana Nunes ist sich bewusst, wie wichtig Kleider für die Bewohnerinnen und Bewohner vom Viva Luzern Rosenberg sind. Gewisse Kleidungsstücke erzählen ganze Lebensgeschichten und sind mit vielen Erinnerungen behaftet. «Wir werden häufig gebeten, auf eine spezielle Bluse oder ein Foulard ganz besonders gut aufzupassen. Manchmal werden auch kleine, von Hand geschriebene Waschanleitungen in den Wäschesack gelegt.» Es kommt allerdings auch vor, dass Bewohner und Bewohnerinnen Mühe haben, ihre Wäsche aus der Hand zu geben. «Manchmal dauert es ein wenig, bis ein erstes Wäschestück den Weg zu uns in die Wäscherei findet. Dann ganz vorsichtig ein zweites und – wenn das Vertrauen langsam da ist – ein drittes», erzählt Adriana Nunes.

Umfassender Wäschereiservice
Insgesamt wird im Viva Luzern Rosenberg fast eine Tonne Wäsche pro Woche gewaschen. Adriana Nunes arbeitet zusammen mit zwei Kolleginnen in der Wäscherei. Damit die gewaschenen Kleider wieder zurück zu ihren Besitzern und Besitzerinnen finden, wird jedes einzelne Kleidungsstück «gnämelet», also gekennzeichnet und mit einem kleinen Namensetikett versehen. «Nur bei Casi wäre das nicht nötig», lacht Adriana Nunes. «Hier sieht man sofort, wem die Kleider gehören.»
Im Viva Luzern Rosenberg werden Kleider jedoch nicht nur gewaschen, sondern auch instandgesetzt. «Wenn es sich noch lohnt, machen wir das gern», sagt Adriana Nunes. «Auch Hosen kürzen und einen Saum machen gehört zu unserem Service.» Und wenn einer Bewohnerin oder einem Bewohner zwischendurch ein kleiner Unfall passiert, helfen Adriana Nunes und ihre Kolleginnen gern spontan bei der Entfernung von allfälligen Flecken.
Freude am persönlichen Kontakt
Casi Geisser hat sein Leben lang seine Wäsche alleine gemacht. Jetzt geniesst er das Privileg, sich darum nicht mehr kümmern zu müssen. Wichtig ist ihm nur, dass er den Menschen, welche die Arbeit für ihn machen, ab und zu mit einem kleinen Geschenk Danke sagen kann. «Ich will den Leuten, die krampfen müssen, etwas zurückgeben. In unserer Gesellschaft werden viel zu viele Arbeiten anonym verrichtet. Es ist doch einfach viel schöner, wenn man sich persönlich kennt.»