
Standpunkt Andrea Wanner, Geschäftsführerin Viva Luzern: geteilte Freude ist doppelte Freude
Jubiläen und Geburtstage sind fest an Zahlen geknüpft. So ist es kein Zufall, dass vom Verb «zählen» auch das Verb «erzählen» abstammt. Wir denken und erinnern uns an eine vergangene Zeit und erfreuen uns an den Geschichten – ob nun bei einer grossen Feier oder ganz einfach im kleinsten Kreis. Hauptsache, mit gutem Gefühl.
Das Jahr 2023 ist ein besonderes Jahr. Nicht nur für Viva Luzern Eichhof, sondern auch für mich persönlich. Ich werde nämlich ebenfalls 50 – und freue mich sehr, dass ich diesen Tag erleben darf. Keine Selbstverständlichkeit! Schon immer waren mir Geburtstage wichtiger als offizielle Feiertage wie Weihnachten. Schliesslich geht es darum, das Leben zu feiern, sich gemeinsam daran zu erfreuen – und zwar mit all den lieben Menschen, mit denen wir in Beziehung stehen. Deshalb feiere ich mein halbes Jahrhundert auch nicht nur an einem einzigen Tag, sondern zelebriere dieses Ereignis gleich das ganze Jahr hindurch. So habe ich immer mal wieder etwas, worauf ich mich freuen kann – sei dies ein Essen mit Freunden, eine längere Reise oder ein Wochenende mit meinen Schwestern. Ganz nach dem Motto: Warum warten, wenn sich jetzt die Gelegenheit ergibt? Das ist vielleicht etwas unkonventionell; ich war aber schon immer für eine Überraschung gut.
Feste feiern, wie sie fallen?
In den vergangenen zwei Jahren mit Corona mussten wir auf viele Feiern verzichten. Vielleicht liegt mir auch deshalb so viel daran, mich mit meinen Liebsten zu treffen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich nutze nun einfach die Gelegenheit, gemeinsam mit ihnen an die vielen schönen Erfahrungen und Erlebnisse vergangener Jahre zu denken und neue Erinnerungen zu schaffen. Dieses Bedürfnis haben aber nicht alle Menschen. Gerade in der Langzeitpflege kommt es immer mal vor, dass der Trubel einer Geburtstags- oder Weihnachtsfeier für eine Bewohnerin oder einen Bewohner zu viel wird. Auch wer generell nicht in Feierlaune ist oder grundsätzlich keine Leute um sich haben mag, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben. Es steht allen Bewohnerinnen und Bewohnern frei, ob und wie sie feiern wollen. Hier sind wir als Viva Luzern in der Verantwortung, genau zuzuhören, die Bedürfnisse der Bewohnenden aufzunehmen und ihren Wunsch – zu feiern oder eben nicht – zu respektieren.
Angst vor dem Erinnern
Wichtig scheint mir, dass jeder Mensch für sich selbst die Frage beantworten kann: Für wen feiern wir: für uns selbst oder für das Umfeld? Viele Angehörige sind sich vielleicht nicht bewusst, dass ihr Wunsch, den Geburtstag der Mutter oder Oma zu feiern, zu einer Erwartungshaltung führen kann, die Druck oder auch Ängste auslöst. Denn gerade wenn es um das Erinnern geht, ist Sensibilität gefragt – und zwar nicht nur bei Demenzbetroffenen. So können Fotografien, Briefe und andere Andenken an frühere Tage wunderbare Emotionen auslösen – aber auch Melancholie. Beides hat seinen Platz. Entscheidend ist, dass wir uns als Gesellschaft, Familie und Viva Luzern zurücknehmen und nicht einfach über die Köpfe der Bewohnerinnen und Bewohner hinweg feiern. Auch wenn wir es gut meinen: Es ist übergriffig, zu glauben, wir wüssten, was gut für sie oder ihn ist.
Dankbar zurückschauen
Das Betriebsjubiläum Viva Luzern Eichhof ist hingegen ein schöner Moment, um sich an die Anfänge zu erinnern und an die vielen prägenden Etappen und Ereignisse danach. Es bietet Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf das Geleistete zu richten, auf das Jetzt und auf die Zukunft. Das Jubiläum stellt für mich eine Art Denkmal in der Zeit dar, das sowohl für Beständigkeit als auch für Wertschätzung steht. Eine Wertschätzung all jenen gegenüber, die Viva Luzern Eichhof in diesen 50 Jahren mitgeprägt und ein solches Jubiläum überhaupt ermöglicht haben.
Dazu gehört zunächst die Initiantin für das Haus Eichhof, die Bürgergemeinde Luzern. Dann all jene, die den Willen und die Kraft aufbrachten, das Vorhaben umzusetzen und weiterzuentwickeln; wie auch alle Mitarbeitenden, die sich stets für das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner einsetzten – bis heute. Wir würden allerdings keine 50 Jahre zählen, wären da nicht die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Luzern, die uns im pflege- und betreuungsbedürftigen Alter ihr Vertrauen schenken. So ist das Jubiläum eine grosse Freude – und ideal, um ihnen allen Danke zu sagen.
Kleine Freuden des Alltags
Als Geschäftsführerin von Viva Luzern sind mir aber nicht nur runde Geburtstage und Jubiläen wichtig. Auch das Feiern von kleinen Erfolgen, Meilensteinen und Etappen ist überaus wertvoll. Feiern vermittelt nämlich nicht nur Wertschätzung. Es schweisst auch zusammen, wirkt motivierend und schwört auf die gemeinsame Vision ein. Auch richtet das Feiern die Aufmerksamkeit auf das Positive und sorgt für die wohltuende Bestätigung, dass sich die harten Zeiten, Mühen und Anstrengungen lohnen. Und sollte sich doch einmal nichts zum Feiern finden, hilft der Blick auf die kleinen Freuden des Alltags. Sie sind manchmal nicht auf Anhieb wahrzunehmen – dennoch sind sie da, sorgen für kleine Schmunzler oder erhellen uns den Tag.
Andrea Wanner, Geschäftsführerin Viva Luzern