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«Ich suchte nach etwas mit mehr Bedeutung.»

Mit knapp 50 Jahren nochmals beruflich etwas ganz anderes machen und dem Leben eine neue Richtung geben: Stefan Päplow hat den Schritt gewagt und lässt sich als Quereinsteiger zum dipl. Pflegefachmann ausbilden.

Als wir uns im Neubad zum Gespräch treffen, kommt Stefan Päplow gerade von der Schule. Der 48-Jährige steckt mitten im dreimonatigen Schulblock, der sich jeweils mit drei Monaten Praxis abwechselt. In den modernen Unterrichtsräumen des Bildungszentrums Xund setzt er sich mit anspruchsvollen Ausbildungsinhalten aus den Gebieten Pflege, Humanwissenschaften und klinisches Fachwissen auseinander – alle zwei Wochen stehen Prüfungen an. «Ganz schön heftig für einen Oldie wie mich», sagt Stefan Päplow und lacht.

Vom Handwerk in die Gastronomie
Doch der Reihe nach: Stefan Päplow wächst auf der Insel Rügen in der ehemaligen DDR auf. Er ist 14 Jahre alt, als die Mauer fällt. Gelernt hat er den Beruf des Zimmermanns, wechselt aber schon bald in die Gastronomie. Stefan Päplow beginnt in einer Rügener Hafenkneipe zu jobben, besucht eine Barschule und lässt sich zum Barkeeper ausbilden. Dazwischen leistet er seinen Zivildienst in einem Spital und arbeitet 14 Monate lang in einer chirurgischen Abteilung. Damals ahnt er noch nicht, wie wichtig für ihn diese Zeit später in seinem Leben wird.

Von Berlin in die Schweiz
Mit Mitte zwanzig zieht Stefan Päplow nach Berlin. Er arbeitet in angesagten Bars mitten im pulsierenden Nachtleben der Hauptstadt. «Eine grossartige Zeit», erinnert er sich. Doch schon bald wächst in ihm die Sehnsucht nach einer neuen Herausforderung. Als ihm ein befreundeter Koch von seiner Arbeit auf dem Titlis erzählt, packt Stefan Päplow nicht nur seine Chance, sondern kurzentschlossen auch seine Koffer. Er wagt den Kulturschock, folgt seinem Freund in die Schweiz und startet eine abwechslungsreiche Gastrokarriere, die ihn nicht nur auf den Titlis auf über 3000 Meter führt, sondern in weiteren Stationen auch in die Havanna Bar in Luzern, auf das MS Waldstätter auf dem Vierwaldstättersee, später ins GastroFührungsteam für alle Schiffe, ins Verkehrshaus und zuletzt für mehrere Jahre ins Restaurant Bodu.

Wunsch nach mehr Sinnhaftigkeit
Stefan Päplow behält seine Zeit in der Gastronomie in bester Erinnerung: «Es war eine spannende, anregende und auch witzige Zeit. Ich konnte viel Verantwortung übernehmen, habe Leute angeleitet, Buchhaltung gemacht und Dienstpläne für bis zu 150 Personen geschrieben.» Und trotzdem kam irgendwann der Zeitpunkt, wo Stefan Päplow klar wurde, dass die Zeit reif ist, um etwas ganz Neues zu wagen: «Ich war über 40 Jahre alt und begann mir die Sinnfrage zu stellen. Ich suchte nach einer Beschäftigung mit mehr Bedeutung. Die Gastroszene kam mir plötzlich nicht mehr so erfüllend vor.»

Stefan Päplow vereinbart einen Termin bei einem Berufsberater, welcher ihm nach einem ausgewerteten Test eine illustre Auswahl von drei Berufen vorschlägt: Gefängniswärter, Pflegefachmann oder Helikopterpilot, wobei er für Letzteres natürlich inzwischen zu alt war. Da beginnt sich Stefan Päplow plötzlich an seinen Zivildienst zu erinnern: «Ich merkte, wie viel Spass mir damals die Arbeit im Spital gemacht hat.» Stefan Päplow beginnt im Internet nach Pflegeberufen zu recherchieren, stösst auf die Website von Viva Luzern – und fängt sofort Feuer. Er schnuppert für eine Woche im Viva Luzern Eichhof, hängt ein sechsmonatiges Praktikum an und beginnt danach, fest angestellt als Pflegemitarbeiter zu arbeiten

Finanzielle Hürden
Nach vier Jahren merkt Stefan Päplow, dass er mehr will. Er will sich zum diplomierten Pflegefachmann ausbilden lassen: «Ich wollte es vor allem auch mir selbst beweisen, dass ich in meinem Alter noch fähig bin, einen neuen Beruf zu erlernen.» Vor der dreijährigen Ausbildung hat er allerdings auch Respekt: «Die Ausbildungsvergütung ist sehr knapp bemessen. Da lebt man ohne grosse Ersparnisse finanziell an äusserster Kante und muss hart rechnen, damit man durchkommt.» Doch Stefan Päplow lässt sich von den finanziellen Hürden nicht von seinem Vorhaben abbringen: «Ich bin kein ängstlicher Mensch und lebe nicht gern in Sorge. Ich lasse es nicht zu, dass ich mir Zukunftschancen verbaue, nur weil ich Angst habe.»

Quereinstieg als Chance
Heute, ein gutes halbes Jahr nach Ausbildungsbeginn, ist Stefan Päplow überzeugt, den richtigen Entscheid gefällt zu haben. Auch wenn es anfangs schon speziell war, wieder die Schulbank zu drücken: «Am Anfang war das Lernen hart. Die Lern- und Prüfungsroutine ist halt nicht mehr da. Ich musste wieder herausfinden, wie Lernen überhaupt geht.» Dass es in der Schweiz die Möglichkeit zum Quereinstieg in den Pflegeberuf gibt, findet Stefan Päplow grossartig. Nicht nur für ihn persönlich, sondern auch für die Pflegebranche als Gesamtes: «Als Quereinsteiger wählt man seinen Beruf aus einer grossen Motivation heraus. Aufstiegschancen und Prestige sind weniger wichtig als die Sinnhaftigkeit des Berufs. Man ist weniger in Routinen gefangen, ist enthusiastisch und bringt viele Ideale mit. Davon kann das Unternehmen nur profitieren.»